Experimentalanordnung:
Ich befinde mich in meinem Kreuzberger Atelier, verlasse das Gebäude und gehe auf den nahe gelegenen Kreuzberg. Oben angelangt blicke ich in Richtung Atelier und gehe denselben Weg zurück. Wieder im Atelier angekommen setze ich mich an meinen Zeichentisch und setze die Erinnerung an den gerade erlebten Spaziergang in eine beidhändige Blindzeichnung um
.
Mein Ziel ist es, die Erinnerung möglichst präzise in der Zeichnung auszudrücken. Um diesem Übersetzungsprozess möglichst viel Raum zu geben, zeichne ich mit geschlossenen Augen. Ich zeichne meine Bewegung im Raum, das Gehen, aber auch akustische Erlebnisse wie Verkehrslärm und Flugzeuge, meine Blickrichtung, Blätter im Wind. Visuelle Eindrücke spielen eine untergeordnete Rolle.
Bei den ersten Zeichnungen kann ich mich nicht an viel von dem erinnern, was ich auf dem Gang erlebt oder wahrgenommen habe. Das ändert sich, je öfter ich unterwegs bin. Immer wieder dasselbe über einen längeren Zeitraum zu tun, zeigt mir, wie sich meine Aufmerksamkeit schärft und dass ich nun Dinge wahrnehme, die mir vorher nicht aufgefallen waren.
Ich mache eine eigenartige Beobachtung über das Wesen der Erinnerung: Als ich versuche, mich an den gerade beendeten Spaziergang zu erinnern, kommt mir als erstes meine letzte zeichnerische Übersetzung in den Sinn, und ich kann mich nur schwer an das gerade Erlebte erinnern. Ganz so als wäre mein Gehirn zu träge, sich an die Eindrücke des Spaziergangs zu erinnern, greift es auf die letzte Erinnerung zurück.
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